Kindergedichte (Seite 3)
Schöne Verse und Gedichte für Kinder (Seite 3)
Vom Riesen Timpetu
Pst! Ich weiß was. Hört mal zu:
War einst ein Riese Timpetu.
Der arme Bursche hat – oh Graus –
im Schlafe nachts verschluckt ’ne Maus.
Er lief zum Doktor Isegrimm:
„Ach Doktor! Mir geht’s heute schlimm.
ich hab‘ im Schlaf ’ne Maus verschluckt,
die sitzt im Leib und kneipt und druckt.“
Der Doktor war ein kluger Mann,
man sah’s ihm an der Nase an.
Er hat ihm in den Hals geguckt.
„Wie? Was? Ne Maus habt ihr verschluckt?
Verschluckt ’ne Miezekatz dazu.
so lässt die Maus euch gleich in Ruh.“
Verfasser: Alwin Freudenberg
Kindersand
Das schönste für Kinder ist Sand.
Ihn gibt’s immer reichlich.
Er rinnt unvergleichlich
Zärtlich durch die Hand.
Weil man seine Nase behält,
Wenn man auf ihn fällt,
Ist er so weich,
Kinderfinger fühlen,
Wenn sie in ihm wühlen,
Nichts und das Himmelreich.
Denn kein Kind lacht
Über gemahlenen Macht.
Verfasser: Joachim Ringelnatz
Radlers Seligkeit
Wer niemals fühlte per Pedal,
dem ist die Welt ein Jammertal!
Ich radle, radle, radle.
Wie herrlich lang war die Chaussee!
Gleich kommt das achte Feld voll Klee.
Ich radle, radle, radle.
Herrgott, wie groß ist die Natur!
Noch siebzehn Kilometer nur.
Ich radle, radle, radle.
Einst suchte man im Pilgerkleid
den Weg zur ewigen Seligkeit.
Ich radle, radle, radle.
So kann man einfach an den Zehn
den Fortschritt des Jahrhunderts sehn.
Ich radle, radle, radle.
Noch Joethe machte das zu Fuß,
und Schiller ritt den Pegasus.
Ick radle!
Verfasser: Richar Dehmel
Die fünf Hühnerchen
Ich war mal in dem Dorfe,
Da gab es einen Sturm
Da zankten sich fünf Hühnerchen
Um einen Regenwurm.
Und als kein Wurm mehr war zu sehn,
Da sagten alle: Piep!
Da hatten die fünf Hühnerchen
Einander wieder lieb.
Verfasser: Victor Blüthgen
Hasensalat
Morgens in den Garten trat
Liese, klein und niedlich
Saß ein Häslein im Salat,
Schmaust und tat sich gütlich.
Liese sprach: Du armes Tier,
Wart einmal, indes ich
Lauf ins Haus und hole dir
Zum Salat den Essig.
Kommt zurück schon mit dem Krug,
Niemals lief sie schneller-
Essig gießt sie jetzt genug
Auf den Hasenteller.
Lieselchen, ich danke dir,
Sprach der kleine Fresser,
Eigentlich doch schmeckt es mir
Ohne Essig besser.
Verfasser: Johannes Trojan
Das Hungerlied
Verehrter Herr und König,
Weißt du die schlimme Geschicht?
Am Montag aßen wir wenig,
Und am Dienstag aßen wir nicht.
Und am Mittwoch mussten wir darben,
Und am Donnerstag litten wir Not;
Und ach, am Freitag starben
Wir fast den Hungertod!
Drum lass am Samstag backen
Das Brot, fein säuberlich –
Sonst werden wir sonntags packen
Und fressen, o König, dich!
Verfasser: Georg Ludwig Weehrt
Icke sitze hier und esse Klops,
Uff eenmal kloppt’s.
Ich kiecke, staune, wundre mir,
Uff eenmal, jeht se uff, de Tür.
Nanu, denk ick, ick denk nanu,
Jetzt isse uff, erscht war se zu.
Ick jeh raus und blicke,
Und wer steht draußen?
Icke!
Verfasser: unbekannt
Eine traurige Geschichte
Ein Hering liebt‘ eine Auster
Im kühlen Meeresgrund;
Es war sein Dichten und Trachten
Ein Kuss von ihren Mund.
Die Auster, die war spröde,
Sie blieb in ihrem Haus;
Ob der Hering sang und seufzte,
Sie schaute nicht heraus.
Nur eines Tags erschloss sie
Ihr duftig Schalenpaar;
Sie wollte im Meeresspiegel
Beschauen ihr Antlitz klar.
Schnell kam der Hering geschwommen,
Streckt seinen Kopf herein
Und dacht‘ an einem Kusse
In Ehren sich zu freun!
O Harung, armer Harung,
Wie schwer bist du blamiert!
– Sie schloss in Wut die Schalen,
Da war er guillotiniert.
Jetzt schwamm sein toter Leichnam
Wehmütig im grünen Meer
Und dachte: „In meinem Leben
Lieb‘ ich keine Auster mehr!“
Verfasser: Josef Victor von Scheffel